Es wird Zeit für ein Interview ohne Fragesteller. A veces me pegan estos pensamientos und dann müssen sie raus. Die Kulturgüterschutzhausarbeit ist erst einmal postponed.
„Mut zum Leben haben, das ist doch gleichbedeutend mit reger Fantasie, weil man sich immer wieder einen Weg vorstellen muss, den es noch nicht gibt.“ sagt die Hauptfigur Robert in Benjamin Leberts aktuellem Roman „Im Winter dein Herz“. Auf die Frage im Interview mit dem Zeitmagazin, ob Fantasie auch in den dunkelsten Momenten helfen kann, antwortet Benjamin: „Ja. Fantasie ist ein Retter. Damit sich überhaupt etwas verändert, muss man es visualisieren. Fantasie heißt Leben schaffen. Sie macht, dass man einem Ort nicht ausgeliefert ist, egal wie schlimm er zu sein scheint. Man kann sich die Möglichkeit eines anderen Lebens ausmalen.“
Es geht mir hier nicht darum, das Interview auszuwerten. Nur habe ich nach dem Lesen darüber nachgedacht, welche Rolle Fantasie in meinem Leben spielt. Darum soll es gehen.
Ich benutze Fantasie nicht dafür, mir ein ganz anderes Leben auszumalen. Ich bin nur dazu in der Lage, sie dazu zu benutzen, mir auszudenken und auszumalen, wie ich anderen Menschen begegne. Nicht mehr und nicht weniger. Ich benutze sie dazu, mein Leben mit anderen Menschen zu gestalten.
In meiner Fantasie kommen keine immer weiter ausgreifenden Pflanzenranken vor, die von Häusern und Menschen Besitz ergreifen und alles überwuchern. In meiner Fantasie kommen keine Bilder vor, in denen alle Gegenstände und Personen wie durch Geisterhand in der Luft schweben. Sie ist kein Comic mit unglaublich empfindsam und so ganz anders gestalteten Figuren wie Robotern oder stilisierten Tieren. Sie ist nichts als Gedanken daran, wie es wäre, sein könnte, wie es ist, bestimmten Menschen zu begegnen, was man gemeinsam machen würde, was man sagen würde, wie man Zeit miteinander verbringt, wie man Gespräche führt, über wichtige Dinge, belanglose Dinge, wie man gemeinsam etwas schafft, oder erschafft, oder dergleichen und was man dabei fühlen würde. Es ist natürlich unmöglich so etwas wie Begegnung bis auf's Kleinste durchzuplanen. Darum geht es nicht.
Was ich damit sagen will: Ich bin nicht außerordentlich Kreativ im Hinblick auf Sachen, die es körperlich oder als gedankliches Konzept oder Bild noch nicht gibt. Darum tauge ich wahrscheinlich auch nicht zum Künstler. Meine Fotos zeugen davon: Alles was ich fotografiere ist nur Abbild und schon hunderte Male dagewesen. Die Fotografie ist bei mir kein aufwendiger Prozess, in dem ich mich mit einer Sache auseinandersetze und irgendwann den Plan gefasst habe, etwas so und so in einem Foto zu zeigen. Außeinandersetzung über längere Zeit ergibt sich vielleicht, weil mich jemand oder etwas einen großen Teil meines Lebens begleitet, aber normalerweise ist das, was ich zeige, einfach nur da. Es fällt mir nur auf, schafft es durch die Barrieren, die meiner Wahrnehmung Grenzen setzen und löst in mir den Wunsch aus, es abzubilden. Vor allen Dingen sind Menschen da. Die will ich immer zeigen. Außerdem passiert es, wenn irgendwas in einer bestimmten Anordnung vorliegt, etwas bestimmtes da ist oder fehlt. Oder, wenn einfach nur das Licht schön ist. So einfach. Manchmal geht es dabei um Gefühle, die man hofft, auf dem Foto zu bannen.
Die Wahrnehmungsbarriere wird, denke ich, zu einem guten Teil durch Input bestimmt und verändert. Interaktion mit anderen Menschen, Musik, Bilder und Fotos, Gelesenes, dabei Gefühltes,...
Ich nehme mein Leben seitdem ich aus der Schule raus bin, als stetige Steigerung wahr. Es gab viele Höhepunkte: Meine Bekehrung und Taufe, Staatswissenschaften und Lateinamerikansiche Geschichte in Erfurt abzuschließen, meine BA-Arbeit über Mexiko, die Teilnahme am MUN-Seminar und an der National Model United Nations Conference in New York, das Angenommenwerden für MA Internationale Beziehungen, die Entdeckung bestimmter Musik und Konzerte für mich, mein Auslandssemester in Mexiko, meine Zeit auf dem Bau, die dazugehörigen Urlaube, und immer sind Personen dabei, die man schon kannte oder kennenlernt und ohne die das alles gar nichts bedeuten würde, weil es eigentlich nur wichtig ist, dass man gegenseitig füreinander da ist. Und jetzt Leo. In diesem Fall fallen Ereignis und Person vollkommen zusammen. Zwar geht alles langsam und ich lasse mir in vielen Dingen auch viel Zeit und brauche für alles etwas länger, aber dennoch empfinde ich bisher die Gesamtheit als Steigerung. Meine größte Angst ist es, wieder zurückzufallen, hinter irgendwas, was man eigentlich schon überwunden hatte, oder in etwas hinein, was eigentlich schon vorbei war. Aber das ist unkonkret, nicht fassbar und vielleicht unmöglich. Ich kann es mir jedenfalls für nicht genau vorstellen. Magelnde Fantasie.
Was mich antreibt, sind keine materiellen Wünsche oder ganz bestimmte Dinge, die ich erreichen oder verwirklichen möchte. Was mich antreibt ist das Verlangen danach, eine gute Zeit zu haben, mit Menschen zusammen zu sein, für die ich da sein kann, die für mich da sind und als Krönung das alles fotografierender Weise festzuhalten. Mehr will ich nicht. Erschreckend naiv. Wie meine Vorstellung vom garantiert existierenden Paradies, dem Leben nach dem Tod: Ein „Ort“ mit dem Gefühl der totalen Annahme. Diese Vorstellung ist aber keine kreative Meisterleistung meiner Fantasie sondern nur eine Vervollkommnung des Eindrucks, den mir meine Mitmenschen jetzt schon geben.
Freitag, 24. Februar 2012
Fantasie, oder: Wie ich funktioniere.
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